Bitte hilf mir!

22.07.2017

"Ich brauche hilfe!" Warum ist es so schwierig, diesen Satz auszusprechen?

Gedanken zu einem der Sätze, welche am schwierigsten auszusprechen sind.

Bild: Symbolbild, Quelle: https://www.jesus.ch/themen/people/128986-ich_war_nur_eine_hilf_mir_aus_der_not_christin.html


Babys sind auf die Hilfe Erwachsener angewiesen. Sie können sich nicht verbal mitteilen, wenn etwas nicht gut ist. Die Eltern müssen also auf Signale achten, sie richtig deuten und dem Baby helfen. Das ist selbstverständlich. Keine Frage, ein Baby würde ohne diese Hilfe nicht überleben können. Das Baby entwickelt sich dann bekanntlich zum Kleinkind. Folgende Situation haben wir wohl alle schon beobachtet. Ein Kleinkind sitzt auf dem Fussboden und versucht sich die Schuhe anzuziehen. Es dreht und drückt und zieht an dem Schuh, doch er will einfach nicht an den Fuss. Dann kommt die Mama und will helfen. Sicherlich ist die Mama unter Zeitdruck und möchte mit dem Kind endlich das Haus verlassen. Sie bückt sich also runter zu ihrem Kind, schnappt dem Kind die Schuhe weg und mit wenigen geübten Handgriffen sitzen die Schuhe perfekt an den kleinen Füsschen des Kleinkindes. So. Nun wären die Beiden eigentlich ready to go! Die Betonung liegt auf "wäre", denn für das Kind hat die Mama gerade etwas unglaublich fieses getan. Das Kind beginnt zu schreien. "Ich will alleine! Ich kann das schon!" Mit einem Ruck an jedem Fuss sind die Schuhe wieder ab und fliegen durch die Wohnung. Das Kleinkind hat das Bedürfnis, zu lernen. Es will sich die Schuhe selbst anziehen. Egal wie lange es dauert. Die Mama holt tief Luft. Wahrscheinlich geht es doch schneller, wenn sie ihr Kind machen lässt. Würde sie nun wieder die Arbeit für das Kind übernehmen, würde daraus wohl ein Endlosspiel mit viel Geschrei und schlussendlich käme Mama doch zu spät.

Wir wollen also schon sehr früh alles alleine schaffen. Es ist nicht einfach sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht. Man zeigt damit eine Schwäche von sich. Doch genau genommen sehe ich es sogar als Stärke, wenn man seine eigenen Grenzen kennt und weiss, wann man Hilfe benötigt. Noch stärker ist es, wenn man sich die Hilfe dann auch holt.

Nun ist die Hilfe leider keine Fee, welche wenn nötig zu dir fliegt und dann einfach mal so drauflos hilft. Leider. Das wäre ja sehr praktisch. Man müsste dann nicht mit anderen über die eigenen Probleme oder Schwierigkeiten sprechen.

Oft ist es halt so, dass man nicht will, dass andere sehen, dass man auf dem Zahnfleisch geht. Die typische small-talk Frage "Wie geht es dir?" beantworten wir doch meistens mit einem "gut.".  Wir wollen ja nicht, dass nachgefragt wird, warum es uns nicht gut geht. Oft glauben wir doch auch, dass unser Problemchen nicht gross genug ist um dafür Hilfe oder Unterstützung zu holen. Völlig doof, wenn ich mir das gerade so überlege.

Gut, wir wissen nun: Der erste Schritt um Hilfe annehmen zu können liegt also darin, mit dem Gedanken abzuschliessen schwach zu sein, wenn man alleine nicht mehr weiter kommt. Wir müssen da den Schalter im Gehirn von "Schwach" auf "Stark" schalten. Auch ist kein Problem zu klein um es Wert zu sein, dafür Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Damit kann es schon einfacher sein, mir persönlich steht oft aber noch ein anderer Stein im Weg. Ich will anderen mit meinem Gejammer nicht auf den Wecker gehen  oder niemanden damit belasten. Wie ich weiss, geht das anderen auch so. Wir setzen dann aus falscher Rücksichtsnahme einfach ein Schönwetter-Gesicht auf und spielen dem Gegenüber etwas vor. Aber wiso denken wir, dass wir dem Gegenüber zur Last fallen? Ist es wirklich an uns, zu entscheiden wie belastbar andere Menschen sind? Nein. Sollte tatsächlich einmal jemand mit unserem gehäule nicht klar kommen, kann dieser Jemand das immer noch selbst sagen. Ob er dann den Mut dazu findet oder nicht, das ist nicht unser Problem. Und hier auch gerade nicht das Thema. ;-)

Warum sich also nicht einfach ehrlich mitteilen? Oft folgt darauf dann nämlich vom Gegenüber schon ein Hilfsangebot und wir müssen gar nicht mehr fragen. Drehen wir das einmal um. Wenn du jemanden triffst und dir diese Person erzählt, dass sie ihr Handy zuhause vergessen hat und dringend telefonieren muss, was tust du? Wahrscheinlich greifst du wie selbstverständlich in deine Tasche und bietest dein Handy zum telefonieren an. Das ist ein kleines Beispiel. Aber ich bin mir sehr sicher, dass es auch bei grösseren Problemen so ist. Und je näher einem die Person steht, desto selbstverständlich ist die Hilfe doch.

Hilfe holen spart auch viel Ärger und sogar Zeit! Je länger wir uns alleine erfolglos mit dem Problem rumschlagen, desto schlimmer könnte es werden. Man "verschlimmbessert" die Situation nicht selten und es verstreicht sinnlos Zeit. Irgendwann kommt man ja dann doch nicht drum drum, Hilfe anzunehmen und dann ist es möglicherweise noch schwieriger, da sich das Problem vergrössert hat und man dies hätte verhindern können.

Manchmal lässt sich das Problem mit etwas Hilfe ganz ganz schnell aus der Welt schaffen. Es gibt aber auch Situationen im Leben, in denen man einfach über längere Zeit Hilfe benötigt. Vielleicht sogar professionelle Hilfe. Ich habe unten ein paar Anlaufstellen aufgelistet.

Ich wünsche euch natürlich keine Probleme und schwierige Situationen. Was ich euch aber wünsche ist, dass ihr das nächste Mal - solltet ihr Hilfe benötigen - den Schalter im Gehirn sofort von "Schwach" auf "Stark" stellt und euch dann offen jemandem anvertraut. Gutes Gelingen!! :-)


Herzlich, Alinee


Anlaufstellen für professionelle Hilfe

  • Dargebotene Hand, Schweizer Sorgentelefon                          143
  • Polizei/Ambulanz/Feuerwehr                                        117/144/118
  • Opferhilfe Schweiz                                                           Link

  • Contact, Stiftung Für Suchthilfe Bern                                          031 378 22 20
  • Pro Mente Sana, Hilfe und Information bei psychischen Problemen Link
  • Schuldenberatung                                                             Link
  • Elternnotruf                                                                       0848 35 45 55/Link
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